„Klar zum Wenden!“
Fusionen und Übernahmen im Sektor Engineering Services nehmen zu. Aktuelle Bewertung der Unternehmen erreicht historische Höchststände. Deutliche Belebung des deutschen M&A-Marktes. Steht eine „Wende“ für Ingenieurunternehmen in Deutschland bevor?
Deutsche Ingenieurskunst ist international gefragt. Dies gilt auch bei Unternehmenstransaktionen. Der Anteil ausländischer Käufer bei Übernahmen deutscher Engineering Unternehmen liegt seit vielen Jahren auf hohem Niveau. Aktuell beträgt er 48%. Auch deutsche Ingenieurunternehmen gehen bei Unternehmensübernahmen regelmäßig im Ausland auf Einkaufstour. Die strategische Stoßrichtung der veröffentlichten M&A-Transaktionen mit Deutschlandbezug, d.h. Käufer oder Target aus Deutschland, ist überwiegend international, der Anteil der deutschen Transaktionen im weltweiten M&A-Markt zunehmend visibel. Dennoch spielt Deutschland im internationalen Vergleich eine immer noch untergeordnete Rolle im M&A-Geschehen. Gründe hierfür sind u.a. eine vergleichsweise geringe Größe der deutschen Ingenieurdienstleister und die faktisch nicht vorhandene Kapitalmarktrele-vanz der Marktteilnehmer. Die aktuell bei internationalen, vielfach börsennotierten Unternehmen des Sektors zu beobachtende rege Übernahmeaktivität, ist an Deutschland bislang weitestgehend vorbeigegangen. Zwar haben sich die durchschnittlichen Transaktionsvolumina veröffentlichter Übernahmen im langfristigen Zeitablauf deutlich erhöht, schwanken jedoch im Jahresvergleich erheblich. Dennoch ist von einer deutlichen Belebung des M&A-Marktes im Segment der Ingenieurdienstleister auszugehen. Zu diesem Schluss kommt eine von der Corporate Finance-Beratung SSC Consult in Köln aktuell veröffentlichte Studie.
Deutschland als Investitionsstandort attraktiv
Der deutsche Engineering Markt ist mit rund 54 Mrd. € Gesamtumsatz international bedeutend, jedoch stark fragmentiert und geprägt von einer Vielzahl kleiner Anbieter und Einzelunternehmen. Eine Konsolidierung des Marktes, die sich in anderen Industriestaaten bereits vollzogen hat, ist in Deutschland bislang ausgeblieben. Zeichnet sich nun eine Wende ab? Von den rund 103.000 Anbietern in Deutschland generieren 76% einen Umsatz von weniger als 250.000 €. Damit sind weite Teile dieses Industriesektors für M&A-strategische Zwecke nicht geeignet. Gleichwohl ist Deutschland auf Grund seiner wirtschaftlichen Bedeutung in Europa, seiner Nähe zu den osteuropäischen Wachstumsregionen und dem vorhandenen Know-how als Investitionsstandort für ausländische Branchenunternehmen attraktiv. „Wir kennen viele internationale Branchenunternehmen, die den deutschen Markt sehr genau beobachten und zukaufen wollen“, sagt Albert Savelberg, Partner bei SSC Consult, der in den letzten Jahren zahlreiche Übernahmen des Sektors als Berater begleitet hat. Auch deutsche Ingenieurunternehmen streben infolge steigender Anforderungen auf Projektebene sowie bei ihren Kunden zunehmend nach Größe und internationaler Reichweite. Nicht zuletzt auch, um qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und an sich zu binden. „Aktuell suchen deutsche Investoren insbesondere etablierte Fachplanungsunternehmen, z.B. in den Bereichen TGA sowie Infrastruktur/Verkehr“, sagt Savelberg.
Aktuelle Bewertung erreicht Höchststände
Gleichzeitig haben sich die Rahmenbedingungen für M&A-Transaktionen in letzter Zeit spürbar gebessert. Ein von SSC Consult ab 2007 gebildeter Engineering & Design Services Index hat aktuell die historischen Höchststände um 50% überschritten. Diesem Index gehören die Top M&A-Performer des Industriesektors weltweit an. Diese haben seit 2009 insgesamt mehr als 200 M&A-Transaktionen umgesetzt. Die hohe Börsenbewertung und das aktuell niedrige Zinsniveau begünstigen Unternehmensübernahmen und wirken sich positiv auf die Kaufpreismultiplikatoren aus. Auch Debt Multiples steigen wieder. Diese Entwicklung erleichtert die Refinanzierung der Übernahmen durch Aktien oder Anleihen und Kredite. Zahlreiche Player nutzen das aktuell günstige Zeitfenster zur Umsetzung strategischer Handlungsoptionen. Sei es zur aktiven Konsolidierung des Marktes und dem weiterem Größenaufbau oder zur Ausweitung der Marktpräsenz.
Deutschland von Übernahmewelle betroffen
Aktuell ist international eine Zunahme größerer Übernahme- und Kapitalmarkttransaktionen zu beobachten. Der US-Ingenieurdienstleister Aecom Technology verkündete im Juli die Übernahme seines Konkurrenten URS für rund sechs Milliarden US-Dollar. Beide Anbieter verfügen über Tochtergesellschaften in Deutschland. In England ist eine regelrechte Übernahmeschlacht um die börsennotierte, auch in Deutschland vertretene, Hyder Consulting entbrannt, die jüngst die niederländische Arcadis-Gruppe für sich entscheiden konnte. Ein in dieser Branche ungewöhnlicher Vorgang. Diese Übernahmewelle schwappt nun nach Deutschland. So hat z.B. der österreichische Baukonzern Strabag die Voith-Tochter DIW übernommen. Der Finanzinvestor Capiton verkaufte Lahmeyer an die in Belgien ansässige Tractebel Engineering-Gruppe, einer Tochter des GDF Suez-Konzern. In Deutschland werden weitere Übernahmen folgen.
Weitere Zunahme der Transaktionen im Sektor erwartet
Die Inhaber der Unternehmen werden die aktuell günstige Marktentwicklung für einen erfolgreichen Verkauf und damit zur Freisetzung der in ihren Beteiligungen gebundenen Vermögenswerte nutzen. Bei vielen Ingenieurunternehmen steht ein Generationswechsel an. Die Weitergabe der Geschäftsanteileinnerhalb der Familie oder an Führungskräfte ist nicht immer der geeignete Weg, die weitere strategische Entwicklung des Unternehmens angesichts der sich verändernden Marktanforderungen zu fördern oder das eigene Lebenswerk zu kapitalisieren. Es ist daher davon auszugehen, dass diese Entwicklung zu einer weiteren Belebung des deutschen M&A-Marktes im Sektor Engineering Services beitragen wird, so die Autoren der Studie. Einen größeren Konsolidierungstrend innerhalb des Sektors wird es in Deutschland aber nicht geben. Dafür ist der deutsche Engineering Markt auf Grund seiner Struktur und seiner Besonderheiten nicht geeignet. Eine „Wende“ steht somit nicht bevor. Jedoch werden einige Ingenieurunternehmen stärker „am Wind“ oder „vor dem Wind“ segeln, der von den internationalen M&A-Märkten aktuell nach Deutschland weht. Dieser ist deutlich aufgefrischt und ermöglicht das ein oder andere Manöver, das in Zeiten einer Flaute nicht möglich wäre.
Über SSC Consult:
SSC Consult gehört zu den führenden bankenunabhängigen Corporate Finance/M&A-Beratungen für Small und Mid Cap-Transaktionen in Deutschland. Mandanten sind sowohl börsennotierte als auch private Unternehmen aus dem In- und Ausland, Finanzinvestoren sowie Insolvenzverwalter. Das Leistungsspektrum umfasst die Beratung bei nationalen wie grenzüberschreitenden Unternehmenskäufen/-verkäufen, die Entwicklung von maßgeschneiderten Finanzierungslösungen sowie die Begleitung von Unternehmen in Sondersituationen bei der Umsetzung strukturierter, zeitkritischer Investorenprozesse. Seit 2003 hat SSC Consult für seine Kunden zahlreiche Unternehmenstransaktionen in den unterschiedlichen Industriesektoren begleitet.
Kontakt und weitere Informationen:
Albert H. Savelberg
Managing Partner
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