- Mittelstand setzt trotz historisch niedriger Zinsen auf relativ kurze Laufzeiten
- Investitionen in Digitalisierung stellen den Mittelstand vor neue Herausforderungen
- Familienexterne Nachfolgelösungen gewinnen an Bedeutung
In einem Umfeld weiterhin niedriger Zinsen führten die Unternehmensberatungen Ebner Stolz Management Consultants GmbH und Wolff & Häcker Finanzconsulting AG ihre fünfte gemeinsame Studie durch. Im Sommer 2016 befragten die Berater bundesweit knapp 5.000 Unternehmer zu Finanzierungsthemen.
Mit Vorsicht in die Zukunft
Trotz Unsicherheiten aus dem Euroraum geben 76 Prozent der Befragten eine wirtschaftlich gute Situation ihres Unternehmens an. Noch positiver wird die konjunkturelle Lage in Deutschland insgesamt eingeschätzt. Jedoch schaut der Mittelstand vorsichtiger in die Zukunft als noch vor zwei Jahren. Ein Viertel der Befragten rechnet mit einer Verschlechterung der Gesamtwirtschaft. Dabei wird als wachstumsbegrenzender Faktor hauptsächlich eine sich verschärfende Wettbewerbssituation genannt. Vor zwei Jahren war die größte Sorge der Unternehmen noch der Mangel an qualifizierten Fachkräften. Fehlende Förderungen, Subventionen oder fehlendes Kapital hingegen bereiten den Unternehmern keine Sorgen.
Kurze Laufzeiten dominieren bei Fremdfinanzierungen
Im Hinblick auf die Zinsen hat etwa jeder sechste Befragte bereits Erfahrungen mit Negativzinsen gemacht; allerdings gehen 44 Prozent der Befragten davon aus, dass das Niveau in den nächsten zwei Jahren steigen wird. Die Laufzeiten der Kreditfinanzierung spiegeln ein anderes Bild wider: die Mehrheit der Unternehmen setzt auf Laufzeiten unter 5 Jahren. „Lediglich ein Drittel der Unternehmer nutzt langfristige Laufzeiten“, sagt Prof. Dr. Hendrik Wolff, Vorstand bei whf: „Das ist ein überraschendes Verhalten, da sich die Unternehmen mit langen Laufzeiten gegen die Zinswende absichern können.“
Kaum Diversifikation der Finanzierungsformen
Nicht nur über klassische Finanzierungsinstrumente wie den Bankkredit wissen die Geschäftsführer Bescheid. Auch hinsichtlich alternativer Finanzierungsinstrumente geben sie an ausreichend informiert zu sein. Trotzdem finanziert sich der Mittelstand traditionell und diversifiziert hinsichtlich der Finanzierungsinstrumente kaum. Ein Grund hierfür ist, dass zumeist keine Probleme bei der Finanzierung auftreten, dies geben 81 Prozent der Unternehmer an. Hierzu trägt auch ein enges und vertrauensvolles Verhältnis zur Hausbank bei.
Der Kapitalmarkt hingegen bleibt für den Mittelstand trotz guter Informationslage uninteressant. Besonders hoch ist die Ablehnung mit 94 Prozent gegenüber Anleihen. Gründe hierfür sind u.a. höhere Kosten und Transparenzerfordernisse. Wenig euphorisch zeigt sich der Mittelstand auch hinsichtlich Private Equity. Auffällig ist zudem, dass die Kosten für externes Eigenkapital unterschätzt werden. Mit Kosten im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen die Einschätzungen deutlich unter der Realität mit Sätzen um die 10 Prozent.
Aufholbedarf im Bereich Digitalisierung
Mit 98 Prozent der Befragten sind sich fast alle darüber einig, dass die Digitalisierung in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Ebenso deutlich fällt der Anteil derer aus, die Maßnahmen zur Digitalisierung als entscheidenden Erfolgsfaktor im Wettbewerb sehen. Zwar herrscht Einigkeit in Bezug auf die Relevanz des Themas, jedoch geben zwei Drittel der Unternehmer an, dass sich ihr Unternehmen bisher entweder gar nicht, wenig oder nicht ausreichend mit der Digitalisierung beschäftigt hat.
Es besteht also ein großer Investitionsbedarf, um den Digitalisierungsgrad zu erhöhen. „Der Mittelstand will vor allem in den Aufbau von Know-How, Personal und IT investieren und geht davon aus, dass er das mit traditionellen Finanzierungsformen z.B. über den Hausbankkredit erreichen kann“ erläutert dazu Michael Euchner, Partner bei Ebner Stolz.
Nachfolgen vermehrt durch strategische Investoren
Immer mehr mittelständische Unternehmen sehen sich in Zukunft mit einer Nachfolge konfrontiert. Zwar geben mit 53 Prozent über die Hälfte der Befragten mit Erfahrungen bei der Nachfolge an, dass der Nachfolgeprozess problemlos verlief, allerdings sind die Probleme, die auftreten können, meist persönlicher Natur und damit sehr komplex. Am häufigsten entstehen Komplikationen durch das mangelnde „Loslassen“ des Altgesellschafters. Als zweiten Grund gibt knapp ein Drittel der Befragten persönliche Differenzen zwischen Altgesellschafter und Nachfolger an. „Die rückgängige Anzahl derer, die sich für eine Nachfolge interessieren, ist demnach eine logische Konsequenz“, meint Dr. Mirko Häcker, Vorstand bei whf. „Um dem entgegenzuwirken ist es umso wichtiger, sich frühzeitig mit der anstehenden Nachfolge zu befassen und diese vorzubereiten.“
Über die Hälfte der Nachfolgen wurde familienintern gelöst oder dies ist für die Zukunft geplant. Interessant ist mit einem Drittel ein relativ hoher Anteil von Geschäftsführern, die das Unternehmen an strategische Investoren weitergegeben haben oder dies anstreben. Dafür spricht, dass diese Investoren meist keinen persönlichen Bezug zum Unternehmen oder dem Altgesellschafter haben. Dadurch können Entscheidungen im Nachfolgeprozess rationaler getroffen werden.
Über die Autoren der Studie:
Ebner Stolz Management Consultants GmbH
Ebner Stolz Management Consultants GmbH ist eine auf finanz- und leistungswirtschaftliche Fragen spezialisierte Unternehmensberatung. Sie gehört zur Ebner Stolz-Gruppe, der siebtgrößten Beratungs- und Prüfungsgesellschaft in Deutschland. 16 Partner und knapp 100 Berater unterstützen in interdisziplinär besetzten Teams an den Standorten Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart mittelständische Unternehmen bei Transaktionen wie etwa Nachfolgelösungen, Management-Buy-Outs oder Akquisitionen sowie bei Finanzierungsprozessen in allen Unternehmensphasen.
Wolff & Häcker Finanzconsulting AG
Die Wolff & Häcker Finanzconsulting AG mit Sitz in Ostfildern bei Stuttgart berät Unternehmen in Fragen der Finanzen und Finanzmärkte. Neben der Beratung im Bereich Investor Relations bildet die Begleitung von mittelständischen Unternehmen bei Fragen der Finanzierung und der Unternehmensnachfolge einen Schwerpunkt. Weit über 100 mittelständische Unternehmen wurden in den letzten 15 Jahren durch Prof. Dr. Hendrik Wolff und Dr. Mirko Häcker begleitet – in der Regel über viele Jahre hinweg und teilweise auch im Rahmen von Beirats- und Aufsichtsratstätigkeiten.